Die gute Nachricht: wir bleiben auf Kurs. Die schlechte Nachricht: es war mal wieder viel zu knapp. Aber wie heißt es so schön? Ende gut, alles gut!
Fangen wir frühzeitig an, denn ursprünglich sollte unser Mannschaftsführer Dennes gar nicht spielen. Dank eines kurzfristigen Ausfalls sprang er dann doch leicht angeschlagen ein. Unsere Aufstellung wusste also durchaus zu beeindrucken, immerhin stellten wir den aktuellen Landesmeister an Brett 7(!) auf.
Brett 7, Tobias:
Dieser legte auch direkt nach. In einer scharfen Grünfeld-Variante steckte er für Angriff einen Bauern ins Geschäft und nachdem ein Sargnagel auf f6 auftauchte, hätte es schon sehr hohe Verteidigungskünste benötigt, um der Niederlage zu entgehen.
Die konnte der Hellerner Mannschaftsführer nicht nachweisen und ließ sich dann noch sehenswert mattsetzen (siehe auch die Kommentierung von Tobias). Ein super Start und weiterhin 100% für Tobias! 1:0
Danach war es mit der Freude aber auch erstmal wieder vorbei. Zu diesem Zeitpunkt sah es eigentlich nur am letzten Brett gut für uns aus, anderweitig war es kompliziert, ausgeglichen oder gar schlechter:
Brett 6, Attila:
Und täglich grüßt das Murmeltier... Hat Attila schon jemals gegen einen anderen Gegner gespielt, wenn es gegen Hellern ging? Die letzte Begegnung entschied er im heimischen Turm mit Weiß für sich, die Erinnerung an die brutale Schwarzniederlage im Hellerner Spiellokal hatte ich aber dank erster gleicher Eröffnungszüge schnell wieder im Hinterkopf. Im Vergleich zum letzten Mal musste sich Schwarz dieses Mal aber nicht frühzeitig von seinem Läufer trennen, anstatt Minusfigur gab es Zeitvorteil und Spiel auf den schwarzen Feldern. Doch die Hoffnung währte nur kurz, dann kollabierte nach energischem Spiel des Weißspielers die komplette Stellung. Letzte Verzweiflungsversuche führten zu nichts und Attila musste seine Niederlage eingestehen. 1:1
Brett 1, Dennes:
Im IM-Duell am Spitzenbrett stand ein Katalane auf dem Brett, der mein Schachverständnis weit überstieg, meine gefühlte Quote von Zugvorhersagen hätte bei 0% gelegen.
Bauern wurden geopfert, weit vorgestoßen, erst Läuferpaar gegen Springer und Läufer, dann ungleichfarbige Läufer, es ging hoch her. Laut eigener Aussage überstieg das Chaos aber auch die Fähigkeiten der Titelträger die beiderseitig Chancen ausließen. Dennes bot dann geschickt Remis an, da er subjektiv eher unzufrieden war, objektiv war es aber auch einfach totaler Ausgleich. Ein faszinierendes Unentschieden! 1½:1½
In der Zwischenzeit hatte Nikolas mutig, aber doch eher ungerechtfertigt ein Remisangebot abgelehnt und schien den Preis zu bezahlen. Man musste sich auf die Suche nach Punkten machen, die wir kriegen könnten, aber abgesehen von nach wie vor Rudi hinten hatten wir zwei eher noch recht remisliche Stellungen und meine chaotisch unklare Position. Allerdings war es noch die Phase vor der Zeitkontrolle, vieles konnte passieren und zuerst geschahen die erwarteten Ereignisse:
Brett 3, Nikolas:
Gegen den Holländer seines Gegners ging Nikolas früh sehr aggressiv zu Werke:
Objektiv sicherlich nicht die Wahl von Stockfish, praktisch führte es aber zu einer zweischneidigen und aussichtsreichen Stellung. Eine nicht zielführende Aktion später sah es mit dem Angriff jedoch nicht mehr sehr überzeugend aus. Mangelnden Mut und Spielwillen kann man Nikolas hier aber nicht vorwerfen, denn das Remisangebot hätte man auch sehr gut annehmen können, speziell in Anbetracht der völligen Verluststellung, die sich drei Züge später auf dem Brett befand. Der Hellerner fand nicht direkt den klarsten Weg zum Erfolg, aber gerade mit knapper Zeit war nicht mehr viel zu machen.1½:2½
Brett 8, Rudi:
Schnell zeichnete sich eine strukturell recht angenehme Position für Rudi ab, da das weiße Bauernzentrum doch viel mehr anfällig als beeindruckend aussah. Eine Ungenauigkeit sorgte dann auch direkt für ernsthafte Probleme mit dem Bauern d4.
Zwar gelang es dem Gegner noch direkten Bauernverlust zu vermeiden, die Stellung war danach aber eine unterentwickelte Ruine. Spätestens als es Rudi gelang mit den Schwerfiguren eine Invasion auf der zweiten Reihe zu starten war die Partie gelaufen. Es fielen die Bauern am Damenflügel und die Verwertung ließ Rudi sehr leicht aussehen. 2½:2½
Der sehr schön geschriebene Bericht von Hellerner Seite aus (https://schach-hellern.de/2020/01/20/oberliga-keine-klatsche-gegen-den-lister-turm/) sah hier den Beginn von Phase 2, in der dann wirklich wenig ging. Auch wenn ich den genauen zeitlichen Ablauf nicht mehr im Kopf habe, würde ich da zustimmen, denn spätestens nach dem Sieg von Rudi waren die restlichen Partien ein Spiel auf zwei Ergebnisse, ein Hellerner Sieg gehörte aber nicht zu den Möglichkeiten. Dabei war zuvor alles noch nicht so klar gewesen:
Brett 5, Felix:
Mein Spiel glich so in etwa einer Sinuskurve: nach den ersten Eröffnungszügen hatte ich meinen Gegner bereits aus dem Konzept gebracht, woraufhin er den kritischen Versuch mied und stattdessen zweifelhaft nach Vereinfachung suchte. Das Hoch hielt aber nur für diesen einen Halbzug an, denn direkt im Anschluss spielte ich zwar den häufigsten, objektiv aber anscheinend nicht den besten Zug. In der Folge bekam ich zwar ebenfalls das Läuferpaar, Schwarz aber auch Raumvorteil. Den eigentlich gewünschten Hebel konnte ich nie zu meiner Zufriedenheit zum Laufen bringen, obgleich mir Dennes nach der Partie verriet, dass er die exakt gleiche Stellung zuvor schon auf dem Brett gehabt hatte... Stattdessen spielte ich nichts ganzes und nichts halbes, wonach es mir nicht gut hätte ergehen sollen. Die Chance verstrich ungenutzt und der Hellerner spürte den Trendwechsel, dem er mit einem Remisangebot gegenzusteuern versuchte.
Trotz unklarer Stellung hatte ich bei der LEM genug Remis gespielt und lehnte ab. Der Mut sollte belohnt werden, dann nach einem sehr zweischneidigen Bauerngewinn fand mein Gegner nicht den korrekten Weg. Der gewählte Plan in ein Turmendspiel abzuwickeln erwies sich als Bumerang, denn trotz anfangs aktivem Turm und schnell gleicher Bauernanzahl waren meine Struktur und mein König zu überlegen. Ein Bauer fiel und wenngleich meine Technik nicht die allerbeste war, so reichte sie doch auch zum Sieg. 3½:2½
Brett 4, Frank:
Gegen die eher unambitionierte Eröffnungsbehandlung, die schnell zu einer symmetrischen Bauernstruktur führte, konnte Frank bequem ausgleichen. Die relevante Frage schien zu sein, ob der vorgerückte weiße Bauer auf e5 eine Stärke oder Schwäche darstellt. Da die Antwort lautete, dass es sich eher um einen Nachteil handelte, konnte Frank schon Vorteil reklamieren. Objektiv vielleicht noch nicht fatal, aber nachdem Frank die Kontrolle über die c-Linie gewann und dort ziemlich analog zu Rudi mit Dame und Turm eindringen konnte, wurde der Vorteil gewinnträchtig. Der Hellerner suchte sein Heil in der Offensive, was allerdings auch Damentausch und Minusbauer bedeutete. Praktisch ergaben sich aber tatsächlich noch Chancen und eine fast schon studienartige Gelegenheit den Remishafen anzusteuern:
Man sollte meinen, danach wäre es einfach geworden, aber Fehlanzeige. Frank strebte ein Turmendspiel an, welches am Ende zwar zum Gewinn ausreichte, aber bei besserer Verteidigung zeigt sich das Silikonmonster unbeeindruckt. Verlustgefahr herrschte nie, zittrig war es am Ende schon noch etwas. 4½:2½
Der Sieg stand damit fest, doch einer spielte noch, der bislang zwar viel versucht, am Ende dennoch immer auf dem Remis sitzen blieb:
Brett 2, Stefan:
Erst wurde viel geblitzt, dann lange nachgedacht. Einen Bauern hatte Stefan ins Geschäft gesteckt, dafür hatte er aber ausreichend Kompensation, da die weißen Figuren doch ziemlich unkoordiniert wirkten. Kurz darauf wurden die Damen getauscht, was dem Weißen aber keine Erleichterung verschaffte. Am Damenflügel wackelten die Bauern und ein entfernter Bauer ist immer gefährlich. Tatsächlich gewann Stefan das fehlende Material zurück und konnte seine Türme auf der zweiten Reihe verdoppeln. Sah bedrohlich aus, leider war damit allein noch kein Staat zu machen. In der Zeitnot stellte der Hellerner aber alle seine Figuren schlecht, was zu Problemen wie einem Minusbauern hätte führen können. Selbst das entstehende TS vs. TS Endspiel war dank des a-Freibauern noch äußerst unangenehm für Weiß. Anfangs verteidigte sich der Hellerner gut, doch dann bot sich eine Gelegenheit für Stefan. Er strebte stattdessen ein Springerendspiel an, das zwar sehr verlockend aussah, sich dann aber leider als total Remis heraus stellte. Schade! 5:3
Wir bleiben auf Spur, Kirchweyhe bleibt auf Spur. Doch soweit braucht man nicht zu blicken, zuvor wartet der SK Nordhorn-Blanke und wenn dieser Spieltag eins (erneut) gezeigt hat, dann dass wir definitiv keinen Gegner nur wegen zahlenmäßiger Überlegenheit auf dem Papier schlagen können.
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