Allem Optimismus und Gefühl der Unbesiegbarkeit zum Trotz geht eine Runde jedesmal von vorne los: acht Bretter mit der Grundstellung (Position 518 für den versierten Schach960-Spielenden), vier Mal Weiß und vier Mal Schwarz. Die Gegner wollen auch gewinnen und in dieser Liga sind sie alle stark.
Die "Party" fiel am Samstag dann auch wenig überraschend sehr überschaubar aus, stand doch eher noch ein Auffrischen der Vorbereitung und genügend Schlaf an (dieses Mal ging es ja schon zur eher unerfreulichen Zeit 10 Uhr los; zwar ist es - persönliche Meinung - nicht wirklich früh, aber weniger entspannt als 11 Uhr in der Oberliga).
Ein Ergebnis dieser früheren Ansetzung war eine knappere Ankunft beim Spielort. Das reduzierte die Zeit für ein geplantes Foto:
Nun ja, immerhin war da die Stimmung noch gut. Die Foto-Elo ist bei uns zusammen auch noch nicht so hoch, wie man sie sich wünschen würde (was ist das für ein Hintergrund? Wo ist der Schachbezug?). Aber immer positiv bleiben: es gibt immer noch viel Potenzial, um es in Zukunft besser zu machen!
Die Aufstellung war ja durchaus zu erraten, obwohl es am Ende tatsächlich noch eine Änderung im gegnerischen Team gab (die allerdings nur für ein Brett bedeutsam war). Im Kampf um wichtige Punkte standen sich also gegenüber:
Brett | HSK Lister Turm | Ergebnis | SK Doppelbauer Turm Kiel II |
---|---|---|---|
1 | IM Ilja Schneider | 0:1 | IM Pawel Teclaf |
2 | IM Dennes Abel | 0,5:0,5 | IM Ashot Parvanyan |
3 | IM Jakob Pfreundt | 0,5:0,5 | IM Filip Boe Olsen |
4 | IM Dr. Stefan Walter | 0:1 | FM Marius Fromm |
5 | FM David Höffer | 0:1 | FM Magnus Arndt |
6 | FM Felix Hampel | 0,5:0,5 | FM Daniel Kopylov |
7 | Dr. Torben Schulze | 0,5:0,5 | FM Mads Boe |
8 | Jan Pubantz | 0,5:0,5 | Mats Beeck |
Wie sich anhand des Titels schon erahnen ließ, fiel das Resultat am Sonntag nicht positiv aus. Da es auch tatsächlich keine echte Spannung gab (und eigentlich auch keine unechte), folge ich dem samstäglichen Prinzip und mache kein Geheimnis aus dieser völlig verdienten Schlappe.
Brett 1, Teclaf - Schneider:
In der Eröffnung ging es schon frühzeitig auf eher unerforschte Pfade und es entspann sich ein ausgeglichener Kampf. Doch leider ist es gerade auf diesem Niveau oft so, dass wer zuerst zuckt, sich davon nicht mehr erholen kann. Eine taktische Abwicklung klappte einfach nicht richtig, so dass trotz gleichen Materials die Stellung hoffnungslos wurde.
Die unterschiedliche Aktivität der Figuren machte den Unterschied und der Kieler IM vollendete gnadenlos.
Brett 2, Abel - Parvanyan:
Obwohl Dennes von seiner Eröffnungsbehandlung im Nachgang nicht so begeistert war, zeigte sich, dass es in einer komplexen Stellung immer noch er war, der eher Vorteil für sich reklamieren konnte. Der Bedenkzeitverbrauch des Schwarzen sah auch schon mindestens kriminell aus und dann ergab sich die kritische Stellung (oder sagen wir der Scheideweg):
Wer hier jetzt das zumindest für den Menschen eher merkwürdig aussehende Sa3! (Springer am Rand, Turm verbleibt in der Läuferdiagonalen) als Antwort hatte, darf sich zu weißem Vorteil gratulieren. Tatsächlich hat Schwarz gar nichts und Weiß viele Ideen (z.B. mittels f3 den Ld3 festsetzen). In der Partie nach Tac1 hingegen war die Chance dahin. In jetzt ausgeglichener, aber keineswegs geklärter Lage wollten beide mehr. Dennes brachte dann ein geschickt platziertes Remisangebot, als die Stellung zu kippen drohte, was mit Sekunden auf der Uhr akzeptiert wurde.
Brett 3, Olsen - Pfreundt:
Der junge dänische IM blitze die Eröffnungszüge herunter, was sich sowohl auf dem Brett, als auch auf der Uhr zu gewissem Vorteil führte. Aber Jakob ist zäh, was er bereits gestern bewiesen hatte. Er tauschte seine schlechtere Entwicklung gegen einen Isolani ein. Dann machte er sich daran, diesen abzutauschen, was ihm jedoch gegen das präzise Spiel des Weißen nicht gelang.
Doch: Trotzdem sollte Schwarz nicht verzagen kommentierte Jakob seine solide Verteidigungsstellung. Ein Durchkommen war nicht einfach und auch dank des bereits pro Kiel laufenden Mannschaftskampfes, ging der Weiße hier nicht mit letzter Konsequenz vor bzw. zog die Tortur nicht in die Länge. Nach Vereinfachungen verflachte die Partie dann zum Remis.
Brett 4, Walter - Fromm:
Ein weiterer Fall einer missglückten Eröffnung. Üblicherweise sollte man als Schwarzer ja erstmal nachweisen, dass man ausgleicht. Hier hingegen gelang es dem Nachziehenden dank einer geschickten Zugfolge Stefan aus dem gewohnten Terrain zu bringen. Es galt zu entscheiden: ein Bauernopfer anbieten oder den Damentausch anbieten. Zwar hatte Stefan die vage Vermutung, dass das Bauernopfer angebracht war, jedoch war er sich nicht sicher und entschied sich am Ende fälschlich für die vermeintlich sichere Variante. Leider stellte sich heraus, dass das Endspiel bereits Schwarz am Drücker sah. Bei Stefan schwanden Zeit und Raum, bis sich der junge Kieler bereit sah, entscheidend zuzuschlagen:
Beginnend mit ...e5! riss der Kieler hier die weiße Stellung ein (mit der Folge exd5 exd4 und der Bauer frisst sich durch). Im Anschluss verdient gefühlt jeder Zug ein Diagramm, aber der Ausgang der Partie war damit klar. Taktisch sehr aufmerksam dauerte es nicht mehr zu lange, bis das Material für Schwarz sprach und kurz vor der Zeitkontrolle war ein Widerstand nicht länger möglich.
Brett 5, Arndt - Höffer:
Die Partie, wo nach nicht einmal 10 Minuten schon ohne nähere Kenntnis der Stellung die Vermutung nahelag, dass es hier eine schnelle Niederlage geben könnte. Wie kann man auf so etwas kommen? Ganz einfach: in einem Theorieduell mit kompliziertem Handgemenge fängt einer der Beteiligten plötzlich an, lange nachzudenken. Die Chance, dass man dann als Mensch gegen die übermenschliche Stärke einer Vorbereitung gegenhalten kann ist nicht 0, aber auch nicht zu gut. Die Realität war sogar noch schlimmer.
Was war passiert? In der Eröffnung hatte der Kieler eine Variante angestrebt, die sonst eher nicht zu seinem Hauptrepertoire gehört. Das führte dann in forcierte Varianten, die objektiv alle völlig in Ordnung sind, aber leider war David einmal zu schnell unterwegs und hatte den zweiten Zug vor dem ersten ausgeführt. Das Ergebnis: lange Agonie beim unmöglichen Versuch in einer bereits verlorenen Stellung zu verstehen, wie die Theorie weitergeht.
Da war nichts mehr zu machen: der Läufer kommt raus und mit der Minusqualität bleibt nur noch im Trüben zu fischen. Das kann David zwar auch, aber der Gegner blieb aufmerksam, nahm sich seine Zeit und ließ sicher alle Versuche von David ins Leere laufen.
Brett 6, Hampel - Kopylov:
Das Thema mit den unerwarteten Eröffnungen bzw. eher wenig erfolgreichen "Theorie"duellen zog sich durch. Auch bei mir entwickelte sich die Partie schnell in eher unbekannte Gewässer, was allerdings primär an schlechter Erinnerung meinerseits lag. Es entspann sich ein gewisses Wartespiel: Schwarz hatte noch nicht rochiert und Weiß will möglichst gegen beides gewappnet sein. Ob die folgenden Abwartezüge meinerseits die richtigen Züge waren, kann man durchaus anzweifeln, am Ende standen jedenfalls vertauschte Rochaden auf dem Brett. Es bestand die Möglichkeit zu einem Bauernrennen und einem wilden Handgemenge (Stockfish mit 0.00 kann da den menschlichen Aspekt nicht so wirklich einrechnen), aber mein Gegner zog es vor lieber positioneller zu spielen.
Das hielt allerdings auch nur begrenzt lange an, bevor es wieder anfing zu eskalieren: Schwarz spielte auf Dominanz im Zentrum, während Weiß den Pfahl auf a6 installiert bekam.
Dieser Schlagabtausch mündete in einem Doppelturmendspiel, was sich in gegnerischer Zeitnot recht bald in eine klar gewonnes verwandelte. Aus der Zeitkontrolle ging ich mit einem Mehrbauern hervor. Jedoch war leider in der Folge meine Konzentration weg und ich konnte keinen der diversen klaren Gewinnweg sinnvoll berechnen oder alternativ als "das muss gewonnen sein" abschätzen und einfach spielen. Stattdessen belohnte ich die guten Verteidigungsversuche meines Gegners, indem ich zielstrebig, ohne dabei zu offensichtlich zu sein, durch den Versuch sozusagen den Ball ins Tor zu tragen (sprich möglichst nichts berechnen), eine Position erreichte, in der es einen Weg zum Remis gab. Den fand mein Gegner, wonach ich mich am Ende in ein Remis fügen musste.
Brett 7, Boe - Schulze:
Überraschung! Anstelle von Keyvan Farokhi saß Torben plötzlich der Däne Mads Boe gegenüber. Da Torben aber dem Gegner auch nicht in die Hände spielte, ergab sich recht früh für beide theoretisches Neuland. Da war dann auch viel Gehirnschmalz erforderlich:
Torben entschied sich hier für den professionellen Weg ("Mannschaftskampf-mit-Schwarz Abwicklung") und tauschte die Damen (bzw. anschließend noch weiteres Material mit cxd4 gefolgt von Se4!). Das führte zu einer Stellung, die vielleicht ganz objektiv betrachtet Weiß etwas in der Vorhand sieht, am Ende ist es aber auch einfach sehr solide. Stattdessen hätte man auch schlecht (Rochade, wegen Se5, der sich anschließend schlecht loswerden lässt nach f4) oder kämpferisch, jedoch riskant (g5) fortsetzen können. Ersteres erkannte Torben korrekt und letzteres war ihm noch vage als eher zu riskant in dieser Struktur bekannt.
In der Partie folgte dann nach vorsichtigem Abtasten ein früher Remisschluss, wo weder alles entschieden ist, noch eine Seite gerechtfertigt auf mehr hoffen kann.
Brett 8, Pubantz - Beeck:
Nach eigentlichem ruhigen Beginn spielte der Kieler kreativ. Das hätte durchaus funktionieren sollen:
Hier handelte sich der Kieler mit Sxc5?! den Isolani und leichte Schwierigkeiten ein. Mit der Engine bewaffnet lässt sich leicht sagen, dass man das mit bxc5! hätte vermeiden können - da diese jegliche weißen Versuche auf den c5 zu gehen abwehren kann. Andererseits ist das potentiell fehleranfällig und wie sich in der Partie zeigte, steht Schwarz aktiv genug, dass Weiß Schwierigkeiten hat, den Isolani auch wirklich auszunutzen. Jan kam nicht wirklich in Nähe von Zugriff und die Partie verflachte relativ schnell in ein Damenendspiel, was nach der Zeitkontrolle Remis gegeben wurde.
Es lässt sich konstatieren, dass wir mit der ursprünglichen Annahme, dass es für uns gegen den Abstieg geht, Recht hatten. Zwar ist die Ausgangslage immer noch gut (Platz 4 und sogar noch ein Spiel weniger als die umliegenden Mannschaften), aber es stehen auch noch einige Paarungen gegen die aktuellen Spitzenmannschaften an. Die deutliche Niederlage bringt uns zurück auf den Boden der Tatsachen, sollte uns aber nicht entmutigen, alleine schon dank des viel besser verlaufenen Samstages.
Zurück schafften wir es dann alle ganz gut und wir wollen dann Anfang Februar für unseren Heimspieltag wieder bereit sein, in die Erfolgsspur zurückzukehren!
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