Das Bild zeigt an: wir sind ganz nah dran. Der engste Verfolger, der Delmenhorster SK, kann maximal nach Mannschaftspunkten gleichziehen - wenn wir beide verbleibenden Spiele verlieren. Es reichen schon eine Ausbeute von 5 Brettpunkten aus den zwei Begegnungen, um den Aufstieg zu erreichen, aber natürlich sollte das Ziel die weiße Weste bleiben.
Aber ich greife vor, denn weder ist die Saison schon zu Ende, noch möchte ich diesen Mannschaftskampf noch länger unkommentiert lassen. Zuerst muss festgehalten werden, dass wir es erneut nicht geschafft haben, die Mannschaft vollzukriegen. Über diese Hintergründe gilt es aber nicht hier zu diskutieren, stattdessen soll der Fokus möglichst auf den schachlichen Part gelegt werden. Den erreichten wir per Bahn fast schon erstaunlicherweise pünktlich, trotz mitfahrender Werder-Fans, die den Aufstieg ihrer Mannschaft in die Fußballbundesliga erleben wollten. Durch den überschaubar langen Fußmarsch warm geworden, ging es auch schon los, 8 gegen 7, oder Dritter gegen Erster. Gut für uns war, dass unser Spitzentrio vollzählig dabei war und wir somit überall trotzdem einen hoffnungmachenden Elovorteil aufwiesen - abgesehen von Uwes Brett, der zum zweiten Mal aushalf und wie er das tat!
Zur Abwechslung (und weil es im Rahmen der Ereignisse sinnvoll erscheint) geht es diesmal nicht nach Brettnummer, sondern nach chronologischem Ende der Partie:
Brett 6, Frank:
Hier stand es ohne auch nur die Uhr in Gang zu setzen schon 0:1, da Frank als Schiedsrichter bei den deutschen Schulschachmeisterschaften tätig war. Dem Oldenburger wurde die normalerweise abzusitzende Karenzzeit erspart, er kam aber später noch zurück, um den Fortgang des Mannschaftskampfes zu verfolgen - sehr schöner Mannschaftsgeist!
Brett 1, Ilja:
Zuerst war kein Oldenburger da, dann, als es losging, kamen Iljas Züge wie aus der Pistole geschossen. Umso überraschender war kurz darauf der Anblick eines Haare raufenden Iljas, der sichtlich unglücklich mit dem freiwillig eingeleiteten Qualitätsopfer war. Wie er später zu Protokoll gab, wähnte er sich hier nicht mehr in der Theorievariante, die ein solches Materialopfer beinhaltet. Doch nicht nur, dass er sich getäuscht hatte und er in Wirklichkeit alles richtig gemacht hatte, er konnte dank der Mithilfe des Gegners noch ein weiteres entscheidendes Bauernopfer anbringen.
Kurz darauf nutzte Ilja die unkoordinierten Figuren, sowie die geschwächte Königsstellung des Oldenburgers aus, um einen Mattangriff aufs Brett zu stellen. Auch wenn das Matt nicht mehr aufs Brett kam, war der Ausgleich zum 1:1 schon geschafft.
Brett 5, Tobias:
Die Eröffnung verlief sehr gut und es wirkte, als ob Tobias einen ziemlich guten Zugriff auf das Geschehen hatte. Das brachte den Gegner dazu, sein Heil in einem Zentrumsvorstoß zu suchen, was jedoch nicht so ganz funktionierte:
Tobias hatte alles im Griff und ging mit der besseren Struktur, dem sichereren König, den stärkeren Leichtfiguren und einem Freibauern auf der d-Linie aus der Aktion hervor. Unter dem beginnenden Druck auf den anfälligen König und die schwachen Bauern, kam dem Oldenburger eine Qualität abhanden. Eine Weile leistete er noch Widerstand, doch Tobias gelang um die Zeitkontrolle herum der Weißsieg zur 2:1 Führung.
Brett 8, Sreyas:
Nach der Anfangsphase hatte Sreyas für einen Isolani genügend aktive Figuren, dass es nicht nach Problemen aussah. Weiteres Material tauschte sich ab, doch wer hier einen baldigen Remisschluss erwartet hatte, sah sich getäuscht:
Für die Dame bekam der Oldenburger einen Turm, einen Läufer und einen b-Freibauern. Auch wenn Sreyas recht zeitnah aktives Gegenspiel in die Wege leitete, sah es doch stark danach aus, dass ein Sieg nicht möglich sein sollte und eher die Frage war, ob sich die Dame einer zu großen Übermacht entgegensah. Zwischenzeitlich scheint es mal gewonnen gewesen zu sein für den Oldenburger (sofern man der Notation trauen mag, mindestens einmal ist die eingetragene Partie offensichtlich falsch), doch am Ende erfüllte Sreyas die Mission den weißen Freibauern aufzuhalten praktisch gut genug. Nach der Zeitkontrolle war Fortschritt schwierig und verschwanden zwar alle schwarzen Figuren außer der Dame, die konnte jedoch Dauerschach geben, so dass sich die Hände zum 2,5-1,5 gereicht wurden.
Brett 7, Uwe:
Uwe wurde in der Eröffnung überrascht, konnte damit aber zuerst noch ganz gut umgehen. In der Folge unternahm er aber eine Aktion am Damenflügel, die zu einer strukturell schlechten Stellung führte. Über die Zeitkontrolle rette er sich mit einem Minusbauern bei ungleichfarbigen Läufern und allen Schwerfiguren. Als man dachte, dass es nur noch darum geht, wie der Oldenburger durchbrechen kann, veropferte dieser sich:
Uwe wehrte den Angriff eiskalt ab und verblieb mit einer Mehrfigur, die er sicher zum Sieg verwandelte. Beim Stand von 3,5-1,5 fehlte damit nur noch ein einziger Punkt.
Brett 4, Felix:
Bei mir kam es in der Eröffnung zu einer unangenehmen Überraschung, als mein Gegner ein Bauernopfer anbot. Das war mir zwar suspekt, aber ich nahm das Material trotzdem. Obwohl ich in der Folge vom rechten Weg abkam, passierte zuerst nichts schlimmeres, da auch mein Gegner dadurch nicht mehr Bescheid wusste. Dann verpasste ich aber meine Gelegenheit und es fing an Richtung weißer Dominanz zu tendieren. In Zeitnot war erst ich kurz vor dem Abgrund, doch auch der Oldenburger fand nicht den richtigen Weg, so dass ich ein angenehmeres Endspiel erhielt. Nach der Zeitkontrolle war es bereits ganz eindeutig gewonnen, doch anstelle den einfachen Gewinn zu nehmen, oder einen Zug später den anderen recht einfachen Gewinn, ließ ich meinen Gegner in eine Festung entkommen.
Was blieb noch übrig, außer eine Weile herumziehen und auf ein Wunder hoffen - und es kam tatsächlich, da der Oldenburger ein sehr relevantes Detail vergaß, woraufhin ich die Festung doch noch einreißen konnte. Das wollte er sich nicht mehr ganz zeigen lassen und auch wenn es alles andere als souverän war, stand damit das matchentscheidende 4,5-1,5 zu Buche.
Brett 2, Dennes:
Eröffnungsprobleme hatte Dennes keine, mit dem gewünschten Spiel auf Sieg war es allerdings auch nicht weit her in einer ziemlich ausgeglichenen und soliden Stellung. Das Remis wollte Dennes aber noch nicht und tatsächlich konnte er einen Bauern vor der Zeitkontrolle gewinnen. Etwas anfangen ließ sich damit jedoch erst einmal noch nichts. Bevor Dennes anfangen konnte zu pressen, ging der Mehrbauer unbeabsichtigt verlustig. Leider hatte der Oldenburger damit direkt einen nicht ungefährlichen a-Freibauern. Bevor noch schlimmeres passieren konnte, gab Dennes einen Springer und rettet sich damit in ein Endspiel, wo Weiß zwar Dame und Läufer gegen eine Dame hatte, aber bei zwei gegen drei Bauern an einem Flügel keinen Sieg vor Augen hatte:
Eventuelle Gewinnversuche hatten schnell ein Ende, als der Oldenburger einen Damentausch anbot und Dennes zielstrebig einen Bauerntausch forcierte, bei dem der falsche Läufer übrig blieb. Nochmal gut gegangen! Brettpunkte sind vielleicht nicht (mehr) entscheidend, aber den weiteren halben Punkt zum 5-2 nehmen wir dennoch gerne.
Brett 3, Stefan:
Am Längsten spielte Stefan. Die Eröffnungsphase begann mit einem Bauernopfer in Zug 4. Das war zwar richtig, aber der enorme Bedenkzeitverbrauch auf beiden Seiten führte nach nur wenigen Zügen (und einem abgelehnten Remisangebots) zu einer ziemlich komplexen Stellung, wo die Zeit knapp wurde.
Dafür fanden beide Seiten eine ganze Reihe an starken Zügen, was trotz der unvermeidlichen Ungenauigkeiten zu einem ziemlich remislichen wirkenden Endspiel führte. Noch war aber Stefan etwas mehr obenauf, der mit einem Extrabauern im Turmendspiel aus der Zeitnotphase kam. Objektiv war das nicht genug, aber praktisch wird man es natürlich versuchen und Stefan versuchte es lange. Wenn die erfasste Partie stimmt, so hatte Stefan zwischenzeitlich den Sieg auf dem Brett, dafür benötigte es aber einen einzigen Zug, den er leider nicht fand. Etwas überschattet wurde das Ende der Partie von einem Zwangsumzug, da aufgrund des verlegten Spieltages bereits eine andere Gruppe den Spielsaal ab 17 Uhr gebucht hatte. Einziger Trost dürfte hierbei sein, dass zu dem Zeitpunkt schon objektiv und höchstwahrscheinlich auch praktisch nicht mehr wirklich etwas zu machen war. Nach knapp über 80 Zügen wurde sich dann zum 5,5-2,5 Endstand die Hand gereicht.
Den Aufstieg haben wir damit zwar noch nicht mathematisch sicher, aber diese Hürde zu nehmen war definitiv wichtig. So kurz vor dem Ende kann man auch noch einmal den Rundumblick werfen und fragen "und sonst"? Offen und relevant ist, ob Lingen sich nach dem Wegbruch des Sponsors (fühlt sich dann im Nachhinein doppelt ärgerlich an, sie statt uns aufsteigen gesehen zu haben) noch in der zweiten Bundesliga halten kann. Aus Sicht des SK Lehrte (überraschender und knapper Sieg gegen SV Werder Bremen III) wäre es notwendig, denn sonst hätten sie Salzgitter umsonst wieder überholt. Der Platz über den Abstiegsrängen (SV Hellern) und der Platz hinter uns (Delmenhorster SK) ist noch abgegrenzt, dazwischen trennt nur 1(!) Mannschaftspunkt Platz 3 von Platz 7, was für eine ziemlich ausgeglichene Liga spricht. Wenn alles den erwarteten Gang geht, darf man gespannt sein, wie sich in der nächsten Saison unsere zweite Mannschaft in der Oberliga schlagen wird.
Jetzt aber schnell damit aufhören in die Zukunft zu blicken, außer um den Fokus auf den nächsten Gegner SVG Salzgitter zu richten, die am übernächsten Sonntag bei uns zu Gast sein werden.
Kommentare
Neuen Kommentar hinzufügen