Warum Zahlen nicht die ganze Wahrheit sind: eine überfällige Rekapitulation

Eine Zeichnung, die wie ein M aussieht
Bildunterschrift Hauptbild
Das ist kein qualitativ überschaubarer Versuch ein M zu zeichnen, sondern ein Graph, der über die Spieltage hinweg die Zufriedenheit widerspiegelt - nach unten ist viel Platz, nach oben ein bisschen

Das nächste Wochenende in der zweiten Bundesliga ist bereits gespielt worden und was fehlt? Richtig, der Beitrag zum Spiel gegen SF Berlin II am Sonntag in der Heimrunde. Man kann da jetzt vortrefflich nach Gründen suchen (wenig Zeit, "darüber will ich doch gar nicht berichten"), aber was in jedem Fall bleibt, ist eine Unvollständigkeit. Diese soll auch insbesondere in Anbetracht des Verlaufes und Ergebnisses aber nicht bestehen bleiben, daher diese späte kurze Zusammenfassung der Ereignisse.

Beginnen kann man direkt mit den nackten Zahlen: 1-7. Das stand am Ende als Ergebnis zu Buche. Klingt hart, war es auch. Doch bedeutete diese krachende Niederlage, dass wir so schlecht waren? Oder das wir so unterlegen waren? Nein! Es hätte nämlich auch gut in einem knappen Sieg für uns enden können. Doch dafür hätte es eine weitaus bessere Zeitnotphase gebraucht. Im Folgenden möchte ich jeweils zwei Streiflichter aus den Partien zeigen: zuerst, wie es zwischendurch aussah und anschließend, wo es endete.

Ausnehmen werde ich hier die Partie vom zweiten Brett, an welchem Dennes ein recht kurzzügiges Schwarzremis erreichte, nachdem er in der Eröffnung den Gegner überrascht hatte.

Brett 1, Ilja:

Ilja gelang es bereits aus der Eröffnung heraus einen guten Vorteil zu erzielen, nachdem der Gegner mangelnde Theoriekenntnisse offenbarte. Anfänglich lief es auch gut und der Vorteil wuchs:

Weiß hat eine Mehrqualität
Weiß hat schon mehr Material und es gilt jetzt dieses zu verwerten

Doch anschließend war der Wurm drin. Zuerst funktionierte der gewünschte K.O.-Schlag nicht, dann wurde es praktisch schwierig und am Ende sah es so aus:

Schwarz hat einen gefährlichen Freibauern
Schwarz am Zug zog hier nach der Zeitkontrolle 41...e2 und nichts geht mehr

Brett 3, Stefan:

Stefan wurde lange Zeit mit sehr schnellen Zügen des Gegners konfrontiert, ließ sich aber nicht aus der Ruhe bringen und baute einen Vorteil auf. Material wurde gewonnen/geopfert und alles sah nach einem schönen Sieg aus:

Weiß hat eine Mehrqualität
Hier konnte Weiß mittels Sxc3 klaren Materialvorteil reklamieren. Schwarz möchte gerne, kann aber nicht mehr als ein Strohfeuer zünden

Doch beginnend mit einer nicht kritischen Spielweise (Dxc3) verflüchtigte sich der Vorteil, die Taktik spielte nicht mit und übrig blieb nur eine Ruine:

Schwarz hat Springer, Läufer und Bauer für einen Turm
Anstatt Mehrqualität bleibt nur Minusmaterial

 

Brett 4, David:

Hier war es wenigstens nicht so klar, wie an den vorderen Brettern. Doch obwohl David teils auch unter Druck stand, war keineswegs alles verloren:

Schwarz hat vorübergehend einen Bauern mehr
Hier wäre La3 sehr trickreich gewesen (Dxa6 Lc5!!)

Doch die Chance wurde von David nicht ergriffen, worauf er am Ende nur noch ein verlorenes Endspiel erreichte:

Der weiße Bauer auf a7 wird sich umwandeln
Da wünscht man sich, man hätte den a-Bauern nicht verloren...

Brett 5, Felix:

Tja, hier muss der Autor gestehen, dass es nicht an allen Brettern gute oder wenigstens auch zu späteren Zeitpunkten hoffnungsvolle Stellungen gab. Ich hatte ambitioniert gespielt, dafür musste aber auch entsprechend nachgelegt werden. An dieser Aufgabe scheiterte ich:

Eine komplizierte Mittelspielstellung
Die Figurenkonstellation sieht fragwürdig aus, aber mit energischem Spiel (h4 oder d6-d7 in Verbindung mit Td6 oder h4) hätte zu beiderseitigen Chancen geführt. Stattdessen funktionierte mein Qualitätsopfer Td4 einfach nicht (Lxd4 Dxd4 f6! Lf5 Sb3! Dh4 g5!)

Das Resultat war am Ende nicht nur eine Niederlage auf der materiellen Ebene, sondern auch was den Angriff anging:

Weiß verliert Material
Die weißen Figuren sind kläglich am Damenflügel verschollen und es ist der weiße König, dem es hier an den Kragen zu gehen droht

Brett 6, Torben:

Nach genügend deprimierenden Partien, ein Lichtblick! Torben ist unsere Bank und als einziger weiterer Spieler schaffte er es zu punkten. Da wäre vielleicht sogar noch mehr drin gewesen, nachdem er sich in komplizierter Eröffnungs- und Mittelspielphase behaupten konnte:

Schwarz hat einen Bauern mehr
Ein solider Mehrbauer, doch bei wenig Zeit sorgte Weiß mit f4?!? für Komplikationen

Nach der Zeitkontrolle war dann leider nur noch Schadensbegrenzung angesagt, aber da war Torben ganz sicher und schaffte es unter Bauernopfer eine Remisfestung einzunehmen:

Schwarz hat einen Bauern weniger
Das Materialverhältnis und die Aktivität sind gekippt, aber bei ungleichfarbigen Läufern hat das in diesem Falle nichts zu bedeuten

Brett 7, Jan:

Die Partieanlage sah ganz gefällig für Weiß aus und Jan war in jedem Fall gut dabei. Doch dann kann ein einziger Zug alles auf den Kopf stellen (oder zugegeben eher eine Menge an Zügen:

Eine normale Mittelspielstellung
Das Unheil ist noch nicht zu erahnen, doch nach g4?! ging es in die falsche Richtung (insbesondere nach f6 exf6 S5xf6 Sfg5? Ld5!)

Schwarz ließ sich nicht bitten, nutzte den Fehler aus und setzte sich auch gegen heroische Verteidigungsversuche durch:

Weiß hat eine Qualität weniger
Da fehlt einfach zu viel Material...

Brett 8, Markus:

Zum Abschluss kommt noch einmal ein ganz anderer Schocker. Markus legte spannend und gut los, konnte aber vorübergehend nicht daran anknüpfen und musste dem taktisch aufmerksamen Gegner Material überlassen:

Weiß hat eine Taktik
Gewinnt h3 nicht die Dame? Nein, Dxh3 geht noch - doch der Gegner sah weiter und zog darauf Sg5!, womit er eine Qualität einstrich

Doch Markus blieb dran, wehrte sich und schaffte es genügend praktische Probleme zu stellen, so dass die Partie es in eine wilde Zeitnotschlacht schaffte. Dort verlor der Berliner den Überblick:

Weiß hat eine Mehrqualität
Mit dem letzten Zug schlug der Berliner einen Bauern, doch nach c6! muss einer der Türme das Brett verlassen

Doch dann Desaster: der einzige gute Zug (und dafür aber auch gleich vorteilsbringende Zug) war Markus nicht entgangen, wohl aber in Zeitnot die Begründung, wieso er funktioniert. Auf der Suche nach einem Ausweg überschritt er dann die Zeit - gerade, wo sich das Blatt hätte wenden können.


So verbleibt: Ergebnisse können nicht widerspiegeln, wie ein Kampf verläuft, was alles passiert ist und hätte anders laufen können. Aber wir wissen: wir haben die Stärke und wenn wir nur unsere Chancen nutzen, ist alles möglich!

Soweit der kleine Überblick, als kleiner Appetitanreger für den gerade abgelaufenen Spieltag. Dieser - und das wird wohl kaum jemanden überraschen - verlief nicht noch einmal so katastrophal. Mehr verraten will ich an dieser Stelle noch nicht, denn bald wird ein Bericht folgen, der mehr als nur nackte Zahlen, Diagramme und Ergebnisse enthält!

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