Spieler des HSK bei der Neustädter Stadtmeisterschaft


Einmal im Jahr, inzwischen schon zum 59. Mal, zieht es mehrere Schachspieler regelmäßig an 7 Abenden nach Neustadt um dort um die offene Stadtmeisterschaft zu kämpfen. Neben regelmäßigen Teilnehmern nehmen auch durchaus mal Spieler das erste Mal teil und so fuhren Lars Pfuhl und ich gemeinsam mit "Turnierveteran" Thomas Moseler, der die letzten Jahre schon teilgenommen hatte, jeden Donnerstag dorthin.
Okay, fast jeden Donnerstag, da es aufgrund der Regularien (Partien können nicht nach hinten verlegt werden, da am Spieltag direkt die neue Runde ausgelost wird) zu einigen mehr oder weniger unglücklichen kampflosen Ausfällen kam.

Runde 1:
Tatsächlich wussten Lars und ich bei der Anreise zum ersten Termin noch nicht, dass Thomas auch da sein würde, zudem waren Lars und Thomas mit der Bahn dort, während ich mit dem Auto fuhr. Zurück sind wir dann zu dritt gefahren, war lustig. Angekommen am Spielort wurde erstmal mit den mehr oder weniger bekannten Gesichtern gequatscht, zudem befürchteten Thomas und ich, dass es bei 16 Teilnehmenden, von denen 3 der HSK stellte, doch bestimmt direkt zu einem teaminternen Aufeinandertreffen kommen würde.
Dann wurden die Paarungen bekanntgegeben, ich fand mich an Brett 4 mit den schwarzen Steinen wieder, mir gegenüber Paavo Alexander Kräuter von SG WB Eilenriede. Am siebten Brett spielte tatsächlich Lars mit Weiß gegen Thomas.
Ich wählte das Wolga-Gambit, hielt auch wie ich fand lange mit und konnte Initiative gegen die Zentrumsbauern von Weiß entwickeln. Leider machte ich ein paar strategische Fehler wie das Schlagen auf a6 mit dem Springer und war am Ende nicht wach genug, um nach einer von mir (korrekt) durchgerechneten Sequenz den Bauerndurchbruch d6 zu sehen, sodass die Partie direkt aufgabereif war.
Aufgabereif war die andere Partie zwischendurch für Thomas, der gegen Lars direkt aus der Eröffnung mit schlechterer Stellung herauskam, die sich die komplette Partie über hielt. Ein Springerendspiel wickelte Thomas ins verlorene Bauernendspiel ab und hatte Glück, dass Lars den Gewinn nicht fand. Am Ende hatte er sogar kurz noch Hoffnung, doch ein geschicktes Bauernopfer von Lars ermöglichte die Zugwiederholung. Man trennte sich remis. 
Neben dieser Partie gab es noch zwei weitere Überraschungen: Ernst Krüger gewann an Brett 5 gegen den nominell stärkeren Finn Krüger und Dietrich Kostka erkämpfte sich an Brett 3 gegen den nominell stärkeren Matthias Gehrke ein Remis.
Damit ergab sich für die Tabelle zunächst:

Dennis (0)
Lars (1/2)
Thomas (1/2)

Runde 2:
In der zweiten Runde trafen Lars und Thomas auf die einzig andere Remispartie, Thomas bekam es mit Dietrich Kostka (SK Neustadt) und Lars mit Matthias Gehrke (SF Barsinghausen) zu tun. 
Lars konnte, nachdem er am Damenflügel etwas vorschnell den c-Bauern bis nach c4 vorgezogen hatte, mit Schwarz dem Druck des Weißen irgendwann nicht mehr standhalten und musste sich dem knapp 500 Punkte stärkeren Gegner am Ende geschlagen geben. Thomas' Gegner zeigte mit Schwarz bereits in der Eröffnung mit einem frühen d6 in der italienischen Partie und einer generell recht passiven Spielweise, dass er nicht interessiert am Gewinnen ist. Daher konnte Thomas sich auch recht bald mit Weiß durchsetzen.
Ich musste mich mit Finn Krüger (SK Neustadt) messen und lehnte in meiner zweiten Schwarzpartie in Folge das Morra-Gambit ab. Ich hatte ein wenig mit dem Fluch der ersten Partie zu kämpfen: Ich entwickelte gute Initiative, gerade gegen den Punkt e5, wo ein doch recht weit vorgerückter weißer Bauer stand, griff dann aber strategisch und kurz darauf taktisch fehl und hatte Glück, dass mein Gegner sich statt den Turm zu gewinnen mit zwei Bauern zufrieden gab. Dennoch sah die Stellung furchtbar aus, da Weiß zwei verbundene Freibauern am Damenflügel hatte. Mit einem Trick gelang es mir, einen der beiden zu gewinnen, ich setzte zudem noch den gegnerischen König am Königsflügel fest und der a-Bauer lief dank guter Turmendspieltechnik nicht durch. Remis.

Dennis (1/2)
Lars (1/2)
Thomas (1 1/2)

Runde 3:
In Runde 3 sollten zwei für so ein Turnier abzusehende Phänomene beginnen: Zum einen das oben beschriebene Problem krankheitsbedingter Partieabsagen, zum anderen der Effekt, dass sich die Gegner gegen die man spielt auf Grund der moderaten Teilnehmerzahl recht bald überschneiden.
So bekam es Lars mit Finn Krüger zu tun, ich mit Dietrich Kostka und Thomas mit Manfred Hannemann (SK Neustadt). Leider musste Lars krankheitsbedingt aussetzen und auch die Folgerunde verpasste er krankheitsbedingt. Die Partie zwischen Thomas und Manfred wurde vorgezogen, sodass ich außer der Tatsache, dass Thomas mit schwarz verlor, keine Infos über den Partieverlauf habe.
Ich fuhr allein nach Neustadt und wieder zurück und musste es wie erwähnt mit Dietrich Kostka aufnehmen. Ich hatte bereits aus alten Tagen zwei Mannschaftskämpfe gegen ihn gespielt, erinnerte mich zwar an keine Partiedetails, doch wusste noch, dass die Bilanz ausgeglichen war. In dieser meiner ersten Weißpartie zeigten Dame und Läufer, was sie in Bertramisch so drauf haben und zerpflückten mit einem schönen Angriff die schwarze Stellung  -> Sieg nach dreißig Zügen

Dennis (1 1/2)
Lars (1/2)
Thomas (1 1/2)

Runde 4:
Pfuhl - Krüger -:+
Der geneigte Fußballfan wird es kennen, ein Tor fällt, das ähnlich herausgespielt wird wie das vorherige, und der zusammenfassende Kommentator sagt "Nein das ist keine Zeitlupe". Genau das Gefühl hatte ich hier. Lars verpasste gegen den anderen Krüger wieder seine Partie krankheitsbedingt. 
Thomas bekam es mit Weiß mit dem anderen Krüger zu tun und wie in der ersten Runde musste sich früh eine Seite eingestehen, die gesamte Zeit um das Remis zu kämpfen. Thomas sorgte in der Phase der beiderseitigen Zeitnot für Belustigung bei den Umstehenden, als er einen Bauern anfasste und nochmal überlegte (der Bauer konnte nur ein Feld weiterziehen und hatte keinen anderen legalen Zug), doch generell fanden beide im Endspiel sehr genaue Züge und mussten/durften sich letztendlich auf ein Remis einigen.
Ich hatte währenddessen eine hochinteressante aus der Pirc-Verteidigung entstandene Weißpartie gegen Manfred Hannemann gespielt, in deren Verlauf mein Gegner mir zuerst die Dame für zwei Figuren und einen Turm gab und später eine seiner beiden "Mehrfiguren" einstellte. Die resultierende Stellung zeigte einen starken Läufer, der in meine Stellung eingedrungen war, und zwei Türme, die das gleiche versuchten, doch von der Dame daran gehindert wurden. Den gewinnenden Zug a3! zu spielen traute ich mich nicht, da ich befürchtete, dann über die offene e-Linie zu verlieren, doch die Computeranalyse sieht Weiß nach a3 im Vorteil - verpasste Chance. Letztlich endete die Partie in einer Zugwiederholung.

Dennis (2)
Lars (1/2)
Thomas (2)


Runde 5:
Hier bekam es Lars mit Joachim Glaschak (SD Isernhagen) zu tun. Da es mit dem offiziellen Termin nichts werden würde, zogen die beiden die Partie vor und spielten bei Joachim zuhause. Daher habe ich auch hier wieder keine Info darüber, wie die Partie lief, ich weiß nur, dass Lars gewann.
Thomas hätte mit Schwarz gegen Detlev Nagel (SG WB Eilenriede) spielen sollen, der die Partie und die folgende krankheitsbedingt aufgeben musste und zur letzten Runde auch nicht mehr antrat. So fuhr ich einmal mehr allein nach Neustadt um meine Partie mit Schwarz gegen Stefan Wellnitz zu spielen.
Ich wählte das dubiose Lucchini-Gambit, da ich das unbedingt mal in einer Partie ausprobieren wollte und geriet auch direkt in Vorteil, als mein Gegner eine Sequenz entweder nicht sauber berechnete oder das Ergebnis für nicht so schlecht hielt und hatte fortan eine Figur mehr. Leider war mein Turm auf a8 ein wenig eingesperrt und kam nicht ins Spiel. Bei meinem Versuch, das zu ändern, verkalkulierte ich mich und stellte die Mehrfigur ein, sodass Weiß sich plötzlich in einem Turm-plus-zwei-Leichtfiguren-Endpsiel mit zwei Mehrbauern wiederfand.
Durch meine aggressiven Versuche, wenigstens über Dauerschach das Remis zu sichern, eingeschüchtert, flüchtete sich der Weiße jedoch in seine Gedankenwelt, aus der er nicht rechtzeitig wieder herauskam. Trotz 30 Sekunden Aufschlag musste ich seine Gedanken irgendwann unterbrechen, um ihm mitzuteilen, dass seine Uhr die ungeliebte 0:00 anzeigte.
Damit war dies die erste Runde, die wir alle gewinnen konnten.

Dennis (3)
Lars (1 1/2)
Thomas (3)

Runde 6:
Thomas bekam es mit Schwarz mit Paavo Alexander Kräuter zu tun und wählte ebenfalls das Wolga-Gambit. Diesmal spielte Paavo das Ganze weniger souverän und es gelang Thomas, eine Figur zu gewinnen. Obwohl die Partie sich noch eine ganze Weile zog und noch nicht beendet war, als Lars und ich die Location verließen, da wir beide früh nach Hause mussten, wurde es letztlich ein souveräner Schwarzsieg.
Weniger Glück/Erfolg hatten Lars, der es mit Weiß gegen Dietrich Kostka ähnlich machen wollte wie ich und ich, der selbiges gegen den führenden Siegfried Gottschalk (SG Garbsen/Marienwerder) vorhatte. Während Lars eine eigentlich gute Stellung am Königsflügel bekam und sie leider überzog, wurde ich humorlos in weniger als 30 Zügen am Damenflügel überrollt. 

Dennis (3)
Lars (1 1/2)
Thomas (4)

Runde 7:
In der letzten Runde galt es für Lars mit Schwarz noch Ehrenrettung zu betreiben und mit einem Sieg gegen Birk Heimbrodt (SSV Rotation Berlin e.V.) den letzten Platz zu verlassen, auf dem er mittlerweile gelandet war. Ich wollte mit einem Weißsieg gegen Claudia Cousin-Sauer (SK Neustadt) meine Minimalchance auf Platz 3 wahren, durch den kampflosen Sieg von Manfred Hannemann gegen den erkrankten Finn Krüger war dieses Unterfangen jedoch zum Scheitern verurteilt. Im Falle eines Sieges hätte ich somit nun abhängig des Ausgangs der anderen Partien nur noch um die Plätze 4-7 gekämpft.
Für Thomas galt es, gegen Siegfried Gottschalk zu gewinnen und Platz 3 zu verteidigen, leider blieb er erkrankt zuhause und verlor kampflos. 
Zu den Partien: Lars war selbst nicht glücklich, wie er aus der Eröffnung herausgekommen war, musste in seiner Caro-Kann-Struktur den schwarzen Läufer abtauschen und verblieb mit sieben Bauern auf weißen Feldern und sehr vielen Felderschwächen auf Schwarz. Nach einer vielleicht etwas optimistischen aber zumindest interessanten Öffnung der h-Linie geriet er dann in eine Verluststellung, als der Gegner eine Fesselung im Zentrum ausnutzte und eine Figur gewann.
Meine Partie ist tatsächlich sehr schnell erzählt: Im Italienischen Zweispringerspiel fand meine Gegnerin zwar nach Sg5 die korrekte Verteidigung 4....d5 5.exd5 Sa5, doch nach 6.Lb5 Ld7 7.De2 ließ sie sich zu 7. ... Lxb5? hinreißen. Die Dame tauchte auf b5 auf, Bauern wurden eingesammelt und Schwarz gab direkt in der Eröffnungsphase auf.

Dennis (4)
Lars (1 1/2)
Thomas (4)

Dann gab es noch die Siegerehrung, die mit dem abwesenden Thomas auf Rang 6, mir auf Rang 7 und Lars leider, unter anderem bedingt durch die zwei kampflosen Niederlagen, auf dem letzten Platz endete. Es gab für jeden ein Buch, wovon die meisten wahrscheinlich einfach nur schon ewig im Neustädter Vereinsarchiv lagen, weg mussten und zu schade für die Tonne waren ("Eröffnungen up to date - Viertes Vierteljahr 1983" war so ein Kandidat) und man konnte der Reihe nach wählen.
Allgemein ein sehr entspanntes und freundliches Turnier mit einer netten Atmosphäre. Mit entsprechend Zeit im nächsten Jahr komme würde ich wohl wiederkommen.


 

Kommentare

T

Denkwürdige Trips nach Neustadt, inklusive der berüchtigten Buchpreise. Hauen und Stechen auf dem Brett, bei dem man sich häufig selber mehr weh tat als dem Gegner...

D

Dein berüchtigtes Buch und ne Urkunde liegen noch bei mir, bringe ich dir zum nächsten Vereinsabend mit 😁

Neuen Kommentar hinzufügen