Am 26.September ist Manfred Heilemann, eine der prägenden Persönlichkeiten des niedersächsischen Schachs, im Alter von 87 Jahren verstorben. Dieser Nachruf ist mit Hilfe mehrerer Schachfreunde aus verschiedenen Vereinen entstanden – danke für Eure Unterstützung.
Manfred Heilemann ist im Nachkriegsdeutschland im jungen Alter von 13 Jahren in die Schachvereinigung Hannover v.1919 eingetreten, zu der er in den 2000ern (als fusionierte Schachfreunde Hannover v.1919) zurückkehrte. Mit 15 Jahren wurde er Jugendmeister von Niedersachsen. Chessbase dokumentiert sein Wirken ab 1950 mit der deutschen Jugendmeisterschaft. Zur Volljährigkeit 1952 gelang Manfred eine Rundenturnier-Platzierung vor Rellstab und Sämisch – ein beeindruckendes Talent erwachte also.
Anstelle ein wildes Leben als Profi zu führen, blieb Manfred seiner Heimat Hannover treu und widmete sich Schach als Sport und Hobby Nummer 1. Damit ging einher, dass er seine schachlichen Möglichkeiten gewiss nicht voll ausschöpfen konnte. Die insgesamt 10 Landesmeistertitel der Herren gewann Manfred über die unglaubliche Zeit von 30 Jahren, 1953-55 und 1960-62 in Serie. 1985 schob er noch einen Blitz-Titel hinterher. Auf Bundesebene spielte er zwischen 1952 und 1970 mehrfach Einzelmeisterschaften.
Manfreds Leidenschaft war definitiv das Teamschach. Hier hatte er in den 50er Jahren die Gelegenheit, in einer unglaublich spielstarken Gruppe spielen (zB Hans-Jürgen Klages, Dieter Stern, Heinz Stern, Dieter Weise, Werner Wolfgang Peters, Peter Werner, Müller-Using, Dr. Heinz Dünhaupt und Heinz Hohlfeld) und gemeinsam wachsen zu können. Da es noch keine eingleisige Bundesliga gab, wurde primär lokal in Niedersachsen oder Norddeutschland/Berlin gespielt, gleichzeitig stets auch gutes Niveau auf Bundesebene. Seriensiege lieferte er seinerzeit mit dem Hannoverschen SK von 1876 (heute HSK Lister Turm) ab, was 1959 zur Deutschen Meisterschaft führte. 1962, 1964 und 1971 gelangte das Team gegen starke Konkurrenz außerdem in die deutsche Endrunde.
Die Mitspieler dieser Mannschaft – allen voran Dr. Dünhaupt und die Gebrüder Stern – verführten Manfred in den 70ern vermutlich auch zum Fernschach, allerdings eher für eine kurze Episode.
Ebenso wurde die starke hannoversche Mannschaft Manfreds Sprungbrett in die deutsche Nationalmannschaft, in der er neun Einsätze feierte.
Zum 100jährigen Jubiläum des Hannoverschen SK wurde 1976 ein starkes internationales Turnier ausgerichtet. Manfred konnte mit 5 Punkten aus 11 Partien und Siegen über Bednarski und Ornstein gut mithalten.
Bis in die 90er spielte Manfred an vorderen Brettern im HSK-Team, überwiegend in der 2.Bundesliga. 1990 bis 1993 folgte er dem Lockruf des Geldes nach Stadthagen, wo er im Alter von 60 Jahren inmitten lauter Vollprofis (und Anatoli Karpov voran!) eine 2300er Performance erzielte. Zugleich war dies sein Abschied vom Ligaschach.
Im Seniorenschach spielte er mehrfach mit Wegefährten Teamturniere. Das Betriebsschachteam der hannoverschen Straßenbahn Üstra freute sich über Jahrzehnte und bis vor kurzem über einen zuverlässigen Punktesammler. Auch das Spielen von Open im Seniorenalte (Wichern bei Hamburg) zeugen von Manfreds Spaß am Spiel.
Manfred spielte quasi immer im Anzug, ein Hinweis auf Erziehung, Zeitgeist und Stil. Er wirkte zunächst distanziert – und war das auch. Seinen Respekt musste (und konnte!) man sich verdienen. Mitspieler aus Mannschaften beschreiben ihn als Teamkämpfer und großzügigen Freund mit gutem Wesen. Sein Spielstil war davon geprägt, im Mittelspiel den Schlagabtausch mit offenen wie versteckten taktischen Motiven zu führen. Das Zusammenspiel der Figuren beherrschte er prächtig, was ihm das Spielen auch im dynamischen Schachzeitalter der 80er und 90er erleichterte. Im Laufe der Jahre hatten schließlich insbesondere die Weltmeister Fischer, Karpov und Kasparov den Partiestil mehrfach umgeprägt. Manfred konnte das gut adaptieren.
„Endet eher selten in einem Endspiel.“ steht im Chessbase Dossier, ein weiterer Beleg für seine taktische Spielstärke.
Heutzutage wäre aus Manfred definitiv ein solider IM geworden, vielleicht sogar mehr.
Schlagfertig im Wort wurden mir diese Zitate von Manfred überliefert:
„Jugend fördert man am Besten indem man sie fordert.“ (Radiointerview)
„In jungen Jahren habe ich zu viele Partien mit zu vielen schlechten Züge gewonnen.“ Die damalige nichtglobalisierte Welt mit eisernem Vorhang bot in Niedersachen nur selten herausfordernde Gegner oder gar Trainer als Korrektiv. In der heutigen Zeit holt man sich beides alltäglich 24/7 auf den Bildschirm – gänzlich andere Möglichkeiten.
Die NSV-Chronik widmet Manfred drei ganze und sehr lesenswerte Seiten (228-230), vgl. www.nsv-online.de
Mit über 80 Jahren war Manfred öfter beim Schachfreunde Monatsblitz zu Gast, kein absoluter Überflieger mehr, aber stets gefährlich, mit Spaß dabei und sehr freundlich im Nachgespräch. Übrigens hielt er sich in dieser Zeit mit Onlinepartien und einem Fritz fit. 2019 beim 100jährigen Jubiläum hatten wir zuletzt Kontakt zu Manfred.
Wir sind traurig über Manfreds Ableben und halten sein Andenken stets in Ehren.
Dieser Artikel erscheint im Namen der Schachfreunde Hannover und des Hannoverschen Schachklub, Manfred Heilemanns beiden langjährigen Wirkungsstätten
Uwe Gabriel
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