Magnus Carlsen verliert seine erste Banter-Blitz-Partie auf Chess24. War es ein anonymer GM, vielleicht sogar Nakamura himself?! Hier erzählt euch Felix die ganze Geschichte.
Die großen Underdog-Geschichten im Sport werden im weitgehend professionalisierten Sport rar. Klar im Kino ist das immer möglich. Da kassiert Rocky einen Treffer nach dem anderen, um in der 12. Runde Apollo Creed KO zu schlagen. Die jamaikanische Bobmannschaft liefert sich ein packendes Duell mit den schweizerischen Olympiasiegern. Und Average Joe's schlägt Globo Gym im prestigeträchtigen Las Vegas Open (Danke, Chuck Norris!). Nun gesellt sich in diese Reihe eine Begebenheit vom 23.06. ein. Weltmeister Magnus Carlsen lädt zum Banter Blitz ein und Felix nimmt dies dankend an.
Banter Blitz, was ist das?
Seit der Mitteilung, dass das von Magnus Carlsen ins Leben gerufene Unternehmen Play Magnus (insbesondere bekannt durch die Handyapp, mit der sich gegen Carlsen in verschiedenen Altersklassen spielen lässt) eine Fusion mit der Schach-Internetplattform chess24 eingeht (Mitte März dieses Jahres ist diese Fusion vollzogen worden), spielt Carlsen hin und wieder Banter Blitz auf chess24. Dieses Format hat dort bereits eine längere Tradition. Im Wesentlichen geht es darum, dass ein starker Spieler - normalerweise ein Titelträger - gegen Premiummitglieder von chess24 Blitzpartien spielt und dabei sein Spiel kommentiert. Darüber alleine ließe sich einiges schreiben, z.B. auch über Frank Buchenaus Sieg gegen Peter Svidler. Doch nun erzählt Felix wie er den Weltmeister in die Knie gezwungen hat (ohne das ihm das Glück der Iren auf den Kopf gefallen ist):
Glück muss man haben (und Geduld)
Inzwischen zum vierten Mal stellte sich Carlsen am Sonntag den chess24-Mitgliedern. Schon vorher hatte ich natürlich versucht, eine Partie gegen ihn zu bekommen, denn was kann es schöneres für einen Schachspieler geben, als gegen den Weltmeister zu spielen? Das Internet verbindet heutzutage die Schachspieler über alle Grenzen hinweg und ermöglicht es so auch Begeisterten Partien gegen Titelträger zu spielen, etwas was in früheren Zeiten unvorstellbar erschien. Aber die Konkurrenz ist natürlich erwartet groß: keine anderthalb Stunden dauert die Sitzung, dann ist Carlsen auch schon wieder für mehrere Wochen weg. Die Zeit reicht kaum für 15 Spiele, insgesamt spielte er schon oder erst 53 Partien. Bedenkt man, dass es jenseits der 1000 Zuschauer gibt und es mit Sicherheit Herausforderer im dreistelligen Bereich versuchen, so ist allein die Chance auf ein Spiel gering. Doch diesmal war mir das Glück hold: fast hatte ich abgeschlossen mit diesem Versuch, da wurde das Video durch ein Brett ersetzt. Ich hatte eine 3-Minuten Partie gegen den Weltmeister!
Eine Partie mit Schreckmomenten
Natürlich: er spielte gegen mich nicht sein normales Repertoire. Doch das bedeutete auch, dass ich Eröffnungsvorteil bekam. Typisch für Partien mit Carlsen als Gegner verfehlten meine Züge jedoch ihre Wirkung, während Carlsen trotz diverser Springerzüge vor und zurück ausgleichen konnte. Doch oh Wunder: er begeht einen Fehler, den ich perfekt ausnutzte. Der Sieg rückte nahe vor Augen, denn mir war ohne jeden Zweifel klar, dass objektiv die Stellung bereits eindeutig besser ist.
Nicht ohne Abenteuer konnte ich schließlich die Früchte ernten und mit einer glatten Mehrfigur im Endspiel sollte doch auch gegen den Weltmeister nichts mehr anbrennen. Doch nicht nur, dass man gegen Carlsen sich nicht über den Weg traut und alles doppelt und dreifach berechnet, auch der psychologische Zustand kann zum Gegner werden. Mit dem Sieg vor Augen kam dann die zitternde Hand ins Spiel: ich schaffte es nicht den richtigen und geplanten Zug auszuführen und der Vorteil war dahin.
Also musste Plan B her: mit der besseren Zeit gewinnen. Carlsen ist zwar schnell, was er in vorherigen Partien eindrucksvoll bewiesen hat, aber ich auch, dem (zu vielen) Bullet spielen sei Dank. Mit der Zeit schwindet auch fast immer das Niveau, es ließen sich starke Parallelen zu fliegenden Figuren am richtigen Brett finden, doch mit 0.2 Sekunden mehr am Ende kann ich großzügig darüber hinweg sehen. 1-0!
So ein Erlebnis vergisst man nicht. Ich bin froh, dass es mir - im Vergleich zu manchen vorherigen Banter-Blitz-Partien - gelungen ist, eine weitestgehend gute Partie zu spielen. Da steigt die Hoffnung, dass Carlsen auf Revanche aus ist, wer weiß, vielleicht kriege ich ja sogar noch eine zweite Chance!
Die komplette Partie aus Magnus Sicht:
Wer sich von den angezeigten Namen verwirrt zeigt: Carlsen hat eine längere Tradition zu lustigen Namen. In diesem Fall ist die (lose) Verbindung zu einem Basketballspieler der Hintergedanke, was sich durch Carlsen Sportliebe erklären lässt. Und ich? Ja, meine Namenskreativität ist eher gering, es handelt sich um die japanische Lautschreibweise eines Seriencharakters namens Afro Samurai, der sich mir aufgrund seiner Stärke und Schnelligkeit anbot.
Epilog
Neben den verdienten Glückwünschen gehen im Nachgang die Spekulationen los. War es Nakamura oder etwa ein Cheater? Magnus selbst wirkt nach der Partie unkonzentriert und fahrig und liefert dafür direkt eine Erklärung: "I hate losing!"
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