Wie, noch ein Bericht? Ja! Dieses mal von David und mit etwas mehr schachlichem Inhalt. Viel Spaß!
Zwischen dem frühen Saisonstart Ende September zuhause und dem zweiten Wochenende an Nikolaus in Köln-Porz liegt in dieser Saison nur ein Einzelspieltag an einem grauen Novembertag. Erfreulicherweise konnten wir am Spitzenbrett auf Anthony zurückgreifen, der gerade in Deutschland weilte. Auch dieses Spiel fand wieder in Hannover statt, so dass wir zwar wenig Fahrt, aber viel Organisation hatten, die sich bis fünf Minuten vor Spielbeginn zog. Immerhin weiß Dennes nun, dass in seiner Nachbarschaft ein Supermarkt mit Sonntags-Öffnung existiert.
Das Match begann erfreulich, da ich am vorletzten Brett einen Eröffnungstrick aus einem der großartigen Chessable-Kurse unseres leider nach Berlin abhanden gekommenen Ex-Spitzenbretts Ilja leicht abgewandelt anbringen konnte. Das brachte mir gegen Maria Schöne Dame und Bauer für Turm und Läufer ein und auch wenn mir die Verwertung subjektiv noch Sorgen machte, war objektiv immer alles im grünen Bereich und wir gingen nach knappen drei Stunden in Führung.

Ich zog 40…Df4, was Weiß zur Aufgabe bewegte, der oben erwähnte Ilja erspähte als Kiebitz aber die noch schönere Option 40…Txb4!! nebst Matt in wenigen Zügen.
Johannes hatte unterdessen gegen Daniel Malek ein unaufgeregtes Weißremis erzielt, viel gesehen habe ich davon nicht, aber am Ende stand er in einem Endspiel mit jeweils zwei Türmen und zwei Springern passiver, so dass es von außen betrachtet kein schlechtes Ergebnis war.
Anthony fühlte sich in der Eröffnung sehr professionell, als er mit Schwarz eine bekannte Zugwiederholung im Spanier anbot, stellte dann bei seinem Rundgang aber fest, dass wir schon an einem Weißbrett schlechter standen (Nikita) und auf unserem Level die Professionalität vielleicht noch nicht so angebracht ist. Sein Gegner war aber in Spiellaune und so entwickelte sich eine sehr scharfe Partie, in der die verpassten Chancen eher auf Anthonys Seite lagen. Eine ausführliche post-mortem-Analyse förderte viele Ideen zutage, am Ende konnte Vincent Spitzl aber mit vielen kreativen Ideen die Aufgabe schwer genug machen, dass es nur zum Remis reichte.
Dieses Ergebnis erzielten – wir sprachen ja gerade von Professionalität – auch die anderen beiden vorderen Bretter. Bei Dennes, der kurz nach den ersten Spieltagen Vater geworden war (womit ich in dieser Kategorie endlich nicht mehr allein in der Mannschaft bin) und an diesem Wochenende erstmals ausschlafen konnte, wirkte es von der Seite betrachtet immer sehr ausgeglichen, so dass die gemeinsame Analyse mit Gordon Andre zu einem beträchtlichen Teil aus Trainingsaufgaben in Turmendspielen bestand. Immer-noch-nicht-ganz-IM Torben (es fehlen noch wenige Elopunkte) stand aus meiner Sicht gegen Tatjana Melamed eher unter Druck, konnte aber seine etwas gedrückte Stellung schließlich befreien und ebenfalls ein Remis erzielen.
Deutlich heftiger ging es an den hinteren Brettern zur Sache, vor allem bei Felix und Nikita. Felix hatte einen Königsinder mit klassischem Wettlauf schwarzer Königsangriff gegen weißen Damenflügelangriff auf dem Brett. In solchen Stellungen beschließe ich als Kiebitz immer, dass ich ohnehin nicht annähernd verstehen werde, wer schneller ist, dass ich aber alle drei Ergebnisse für möglich erachte. Nikita verrechnete sich bei einem frühen Figurenopfer und war damit im Duell zweier Jugendbretter schnell unser größtes Sorgenkind. Glücklicherweise platzierte Jakob Nönnig seine beiden Springer etwas unbeweglich (wenn auch stark aussehend) auf e5 und f3 und verpasste zudem kleinere Gelegenheiten, die Stellung zu vereinfachen.

Schwarz steht auch nach dem in der Partie gespielten Rückzug 27...Tb7?! noch auf Gewinn, deutlicher ist aber entweder 27...Kg7! (oder Kh8) mit der Idee 28.Sxb4 De4 und (vorübergehendem) Qualitätsopfer oder wohl noch einfacher 27...Sh4+! nebst De4 und Abtausch des gefährlichen weißen Springers. Das war wahrscheinlich die beste Chance für Schwarz, der mit wenig Zeit zu kämpfen hatte. In einer hochdramatischen Zeitnotphase kämpfte Nikita sich dann zurück in die Partie und drehte sie sogar gegen den geschwächten schwarzen König (Schwarz hatte irgendwann f5 gespielt) komplett!
Das war gleichbedeutend mit dem Mannschaftssieg, da es nun 4:2 stand und in den anderen beiden Partien kein 0:2 möglich schien. Hätte Nikita verloren, wäre es ein extrem enges Finish geworden…
Denn bei Felix hatte sich in der Zeitnotphase ebenfalls viel verändert. Nachdem er zunächst alle Figuren für seinen Plan richtig manövriert hatte, fiel ihm gerade noch rechtzeitig auf, dass der Plan an einem taktischen Detail scheiterte, so dass nun alle Figuren vielmehr falsch standen. Doch zum Glück wählte sein Gegner Jan Wöllermann mit wenig Zeit eine verlockende, aber schlechte Abwicklung, die zu folgendem Endspiel führte:
O-Ton Felix: Mein Gegner wird vor Augen gehabt haben, den Läufer auf c6 einzubetonieren und dann mit den verbundenen Freibauern durchzulaufen. Jedoch: 40...Tg4! und Weiß hat mit Zitronen gehandelt. Der Turm kommt von hinten, gewinnt dazu mit der Drohung f3 noch ein Tempo. Der Magdeburger sah sich also gezwungen, den Läufer mit 41.Le2 zurück zu beordern (41.Kf2 Tg3). Das verhinderte nach dem Manöver 41...Tg3 42.Lf3 (sonst gewinnt 42...Ta3 den Damenflügel) Tg7 43.a4 Tc7 jedoch nicht das Eindringen des Turmes. Die Bauern sind nicht zu halten.
Zu der Verteidigung meines Gegners: ohne die Ressource Tg4 ist die Stellung für Schwarz verloren.
Stefan hatte gegen Florian Armbrust nach der Zeitkontrolle ein besseres Endspiel mit jeweils einem Turm und schwarzfeldrigem Läufer, in dem er recht risikofrei auf den vollen Punkt spielen konnte (Anmerkung: es war zu meiner Überraschung doch nicht risikolos, die Engine reklamierte zwischendurch unbeeindruckt gewinnbringen Vorteil für den Magdeburger). Der gegnerische (schwarze) Freibauer war zwar schon auf c3, aber sicher blockiert, während Stefans Freibauern auf a2 und b3 noch weit hinten, aber verbunden waren. Mit einem aktiven König organisierte er Unterstützung für die Bauern und konnte schließlich nach ca. fünf Stunden den etwas zu hohen 6:2-Sieg sicherstellen, bei dem wir letztlich alle vier hinteren Bretter gewannen.
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